Blogger Relations: Die Social Media Release

Unten stehender Artikel ist ein Fachbeitrag zum immer aktueller werdenden Thema der Blogger Relations. Der Artikel wird zeitnah auf www.pr-guide.de erscheinen und ist ebenfalls auf der Website meines Arbeitgebers achtung! kommunikation GmbH (GPRA) zu finden. Über Feedback jeglicher Art freue ich mich natürlich sehr.

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Nehmen wir an, ein Unternehmen aus der Nahrungsmittelindustrie erkennt: Der Shopblogger wird häufig besucht, hat Einfluss und sollte ernst genommen und berücksichtigt werden. Mit dieser Erkenntnis ist das Unternehmen an sich bereits weiter als viele andere Firmen. Aber dann passiert der Fauxpas: Der Inhaber der Seite, der Blogger wird in den herkömmlichen Presseverteiler integriert, erhält künftig Pressemitteilungen, Produktfotos und Proben – und zwar ohne vorhergehenden persönlichen Kontakt.

Blogs üben bereits erheblichen Einfluss aus. Aber erst wenige Unternehmen behandeln sie so wie es deren Betreiber verdienen bzw. erwarten. Einige internationale Konzerne wie Coca-Cola und IBM zeigen zwar bereits, wie man es richtig und erfolgreich machen kann. Andere aber haben das Potenzial noch nicht erkannt oder aber mit Fake-Kampagnen und dem Versuch des Blog-Missbrauchs für Unsicherheit gesorgt.

Blogs: Privatvergnügen mit öffentlicher Wirkung

Blogs werden größtenteils aus privaten Beweggründen betrieben. Dies bedingt nicht nur eine hohe qualitative wie thematische Spannbreite deutscher Blogs, sondern auch eine extrem unterschiedliche Relevanz und Reichweite: Vom privaten Tagebuch zum investigativen Journalismus, vom Liebeskummer über Katzen bis Politik, von ein paar Lesern je Woche bis zu mehreren tausend Besuchern täglich. Dabei zeigen die Blogger oft eine enorme Sachkenntnis innerhalb des von ihnen abgedeckten Themas, verdienen mit dieser Tätigkeit im Web aber kein oder kaum Geld. Für die Mehrheit der Blogger ist das Bloggen ein Hobby und damit Teil ihrer Privatsphäre. Ein klassisches Werkzeug der PR – die versandte Pressemitteilung – wird entsprechend oft (selbst bei thematischer Nähe zum Blog) als Eindringen in die Privatsphäre des Bloggers und somit als Spam klassifiziert. Bestenfalls ignoriert der Blogger dies einfach, schlimmstenfalls bloggt er negativ über den plumpen Kontaktversuch. Die starke Vernetzung der Blogosphäre sorgt dann gegebenenfalls für den Rest: Schlechte PR für die PR.

Es geht hier daher nicht um Media Relations, sondern um Blogger Relations. Und diese sollten sich nicht einzig auf die Top-Blogger des jeweiligen Themas konzentrieren – womöglich in der falschen Annahme: Hohe Reichweite bei wenig Aufwand. Denn es geht nicht allein um Quantität. Es geht vor allem um die Qualität der Kontakte – also um eine möglichst relevante Reichweite. Blogger Relations – das ist in vielen Fällen der direkte Kontakt mit einem mehr oder weniger öffentlich auftretenden Repräsentanten der jeweils relevanten Zielgruppe – und gerade darin liegt die große Chance: Blogger genießen als Peers ein hohes Vertrauen in der Zielgruppe. (Kauf-)Empfehlungen, die von ihnen gegeben werden, wirken.

Der direkte Kontakt ist dabei als persönlicher Kontakt zu verstehen: Auf keinen Fall sollte der Erstkontakt zu einem Blogger per klassischer Pressemitteilung, im Regelfall auch nicht per personalisierter E-Mail erfolgen. Wer die entsprechenden Gelegenheiten nutzt, um sein Anliegen face-to-face (barcamp, Webmontag etc.) oder zumindest telefonisch offen und transparent darzulegen, hat in der Regel erheblich bessere Chancen erhört zu werden. Offenheit und Transparenz sowie Authentizität erzeugen Vertrauen. Auf Vertrauen lassen sich Beziehungen aufbauen. Und eben dort liegt der Schwerpunkt der Blogger Relations: Auf den Relations, den auf beiderseitigem Vertrauen basierenden, langfristig aufgebauten Beziehungen. Denn: Wieso sollte mich ein Blogger in seine Privatsphäre einlassen, wenn er mir nicht grundsätzlich vertrauen kann? Blogger Relations hängen damit eng mit der digitalen Reputation des zuständigen Beraters zusammen – und diese gilt es sich langfristig mithilfe der bekannten Social Media Tools zu erarbeiten.

Social Media Release statt Pressemitteilung

In der Regel sind Blogger der klassischen Pressemitteilung gegenüber nicht aufgeschlossen. Im Gegenteil: Sie sehen einen Manipulations- und Missbrauchsversuch. Dies ist selten wieder gut zu machen und wirft in den Augen der Blogger ein schlechtes Licht auf PR insgesamt. Aufgrund diverser negativer Erfahrungen entwickelte Todd Defren von Shift Communications – ergänzend zu einer Pressemitteilung – die Idee des Social Media Release (im Folgenden die übersetzte Template). Er zeichnet sich u. a. durchfolgende Merkmale aus:

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• Kurzer, einführender und zusammenfassender Absatz. Danach reine Aufzählung der News mithilfe von Bullet Points (kein Aufhänger, keine Geschichte)
• Auswahl von Zitaten verschiedener Personen zur Thematik
• Nutzen von Social Bookmarking Services, um dem Leser Kontextinformationen zur Thematik zu liefern
• Verlinkung bzw. Einbindung verschiedenster multimedialer Inhalte (Bilder / Audio / Video / PDFs etc.)
• Diverse Möglichkeiten die PR-Agentur / die zuständige Kontaktperson zu erreichen (Telefon, E-Mail, Instant Messenger, Skype, Twitter Direct Message)

Manche der aufgezählten Elemente – so zum Beispiel die multimedialen Inhalte – sind nicht unbedingt etwas Neues¬. Sie allein qualifizieren den Release auch nicht als „social“. Dazu bedarf es etwas mehr:

• Der Social Media Release wird nicht versandt, sondern kann von jedem per RSS abonniert werden. Klartext: Die Verteilerpflege fällt weg.
• Der Release wird in einem maßgeschneiderten Blog, dem Social Media Newsroom, unter Verwendung eines Weblog Publishings Systems veröffentlicht. Nur so wird gewährleistet, dass dieser in den entsprechenden Suchmaschinen (technorati, google blogsearch, blogato etc.) auftaucht.
• Der multimediale Content wird nicht auf dem firmeneigenen Server gehostet, sondern auf den dafür vorgesehenen Web 2.0 Portalen: Videos bei Youtube oder Sevenload, Präsentationen bzw. PDFs bei slideshare etc. Rückverlinkungen auf den Release erhöhen die Wahrnehmung der Mitteilung.
• Der Leser hat diverse Möglichkeiten des Feedbacks und der Weiterverwertung. So kann er direkt in dem Release kommentieren. Außerdem kann er diesen per implementiertem Button (Digg It) positiv bewerten oder mit nur einem Klick (Blog this!) in seinem Blog weiterverwerten. Vielseitige weitere Varianten sind denkbar.

Wohlgemerkt: Es geht es nicht darum, die klassische Pressemitteilung zu ersetzen, sondern diese gattungsadäquat zu ergänzen.

Erst Verstehen, dann Vertrauen schaffen

Blogger stellen als Experten und Multiplikatoren eine wichtige Adressatengruppe für die PR bzw. die Social Media Relations dar. Dabei ist für den Erfolg das Verstehen von Struktur und Funktionsweise der Blogosphäre unumgänglich. Da auch die PR-Wissenschaft das Problem der Blogger Relations bisher nur unzureichend angegangen ist, bleibt der Branche, will sie bezüglich der Social Media nicht in Bedeutungslosigkeit versinken, vorerst nur eine Möglichkeit: Durch Beobachtung und aktive Teilnahme die „Spielregeln“ der Blogosphäre erlernen, in den offenen und transparenten Dialog mit den neuen Multiplikatoren eintreten und somit langfristig beiderseitiges Vertrauen schaffen.

17 Kommentare

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grid vergessen ;-)

so – die Orgacrew hat das Grid vergessen – blöd wenn man da die Sessions eintragen will…  jetzt wird kräftig improvisiert und in 15 min kann es dann hoffentlich losgehen 😉

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barcamp hannover – Teil

gerade angekommen – wlan funktioniert 😉 – schon mal gute Grundvoraussetzungen. Cola, Kaffee und Bionade sind da und langsam füllen sich auch die Sitzreihen. Trotzdem – los geht es erst um 10:45 – noch sind nicht alle da. Ich bin gespannt was es heute für sessions geben wird – melde mich im Laufe des Tages immer mal wieder. Mehr oder weniger live 😉

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Social Network 2.0: „Projekt MM“ (Pl0gbar und die Folgen)

Nichtsahnend geht man auf die Pl0gbar und (schneller als gedacht) findet man sich da wieder, wo man sich eh zuhause fühlt – im Web 2.0 . Nicht das jetzt jemand denkt, die pl0gbar Hamburg hätte ihre Wurzeln verlassen und wäre zu einem Haufen Hold’em-süchtiger geworden. Zugegeben – es wird gerne gepokert aber hintergründig geht es dann doch immer wieder um zwonullige Themen. Nun – diesmal wurde es dann doch ganz vordergründig und, vor allem, spannend!

Worum geht es grob? Oliver Berger hatte – und mag es selbst kaum glauben – eine Idee zu einem neuen Social Network. Der ein oder andere fängt jetzt an zu gähnen, falls er nicht schon bei der Überschrift ausgestiegen ist. Wie oft gabs das im letzten halben Jahr allein in Deutschland? Schon Mitte Oktober hat zweinull.cc eine beeindruckend lange Liste deutscher Networks herausgegeben, die mittlerweile bereits mehrfach erweitert wurde. Warum also noch eins? Ist mittlerweile nicht jeder bedient? Überbedient? Zugegeben, auch ich war am Anfang ziemlich skeptisch. Wer sich mit dem Thema auch nur ein bisschen auseinandergesetzt hat, weiß um die aktuellen Probleme auf Anbieter- wie Nutzerseite, und das trotz weiterhin explodierender Nutzerzahlen bei den Stars der Branche.

Gerade hier wird das im Arbeitstitel Projekt MM genannte Social Network jedoch ansetzen und einige der aktuell die User belastenden Probleme lösen – auf erfrischend einfache, unkomplizierte, und sichere Art und Weise. Wer schon lange die Übersicht verloren hat, welcher der Freunde mit welchen Daten auf welchem Netzwerk zu finden ist, der sollte das Projekt MM im Auge behalten.
Datensicherheit? Hoheit über Deine eigene Daten? Projekt MM hat sich auch hierzu intensivst Gedanken gemacht.

Auch wenn ich mich an dieser Stelle mit detaillierteren Infos leider noch zurück halten muss, Oliver hat mich überzeugt. Deswegen folgender Disclaimert: Ich bin dabei, ich mach mit und trage meinen Teil zum Erfolg des Projektes bei.

Für weitere Informationen – stay tuned. Ich hoffe Euch bald mit mehr Infos, dem ein oder anderen Screenshot, und einem Interview mit Oliver beglücken zu können.

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Netpaper Ausgabe 1 – Review

Seit kurzem steht Sie zum Download bereit, die erste Ausgabe des Netpaper – ein PDF-Magazin mit dem Anspruch interessante Stories rund um das Web 2.0 zu liefern. Die noch jungen und von sich selbst durchaus überzeugten Autoren liefern mit der ersten Ausgabe ein „Blatt“ das leider noch tief in den Kinderschuhen steckt. Hier die hoffentlich konstruktive und garantiert unvollständige Kritik:

1) Liebe Leute, ich will kein downloadbares Blog. Leider sind die ersten Seiten Eures Magazins mit (für ein „Magazin“) wirklich dünnem Inhalt gefüllt. Ein wenig Mehrwert sollte ein PDF-Magazin gegenüber einem Blog schon aufweisen – wo ist sonst der Sinn des Ganzen? Ich konnte noch nicht alles im Detail lesen, aber je mehr man ins Magazin vordringt, um so inhaltsreicher wird das Ganze: Ich würde in diese Richtung weiterdenken. Das „Web 2.0“ ist so schnell, das „Hintergrundreportagen“ in einem solchen Magazin garantiert besser aufgehoben sind als „tagesaktuelle“ News der vorletzten Woche. Auch wenn ich mir noch nicht sicher bin, ob ein monatliches Magazin wie Ihr es Euch gedacht hat für Themen rund um das Web 2.0 die richtige Publikationsform ist.

2) GANZ WICHTIG: Ihr müsst was an der leider katastrophalen Gestaltung tun. Das geht wirklich gar nicht. Neongrüne „Handschrift“ auf weißem Hintergrund ist mehr was für Leute mit Hang zur Entschlüsselung als zum vernünftigen Lesen.

Ein PDF-Magazin ist außerdem keine gedruckte und gebundene Zeitschrift. Textumbrüche zwischen zwei Seiten (die erste Hälfte des Satzes auf dem vermeintlich linken „Blatt“, die zweite Hälfte auf dem vermeintlich rechten „Blatt“) machen sich in einem PDF deswegen nicht wirklich gut – diese Artikel sind am Bildschirm schlicht und einfach unlesbar.

Einheitliches Layout der Seiten? Einheitliche Schriftgröße und Schriftart? Fehlanzeige. Auch der ein oder andere Tipper verbirgt sich in dem Magazin – im Gegensatz zu einem Blog ist das hier meiner Meinung nach nicht ok.

Fazit: Eine nette Idee, der es aber in der Ausführung noch gewaltig mangelt. Besser werden!

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via Robert Basic

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The Times They are a-changin‘ …

Since this is supposed to be a bilingual blog and there are some great news to reveal, allow me to write down again in English what I just told to all the german-speaking folks out there:

Starting January 1st 2008 I will start a new job within the same company (achtung! kommunikation GmbH). The times as an intern are over now people! Time to move on, time to start working as a project manager Web 2.0.

Oh – that’s pretty much all I wanted to say right now.

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Manches braucht Zeit …

Auch und gerade in Zeiten von Web 2.0, Twitter, Facebook und Co. sollten Entwicklungen einen bestimmten Status erreicht haben, bevor man sie dann endlich öffentlich macht bzw. machen kann. Und da ich Folgendes nicht früher kommunizieren konnte, außerdem auf dem Weg dorthin verdammt viel zu tun sowie einige Klippen zu umschiffen hatte, war das Blog in den letzten 6 Wochen mausetot. Worum geht es genau?

Es hört sich fast schon paradox an: Ich hatte soviel rund um Web 2.0, Social Media, Consumer Generated Content etc. zu tun, dass ich schlicht und einfach nicht mehr dazu gekommen bin, mein eigenes Blog zu pflegen.

Doch das Ganze hat sich verdammt noch mal ausgezahlt: Ab dem 01.01.2008 schimpf ich mich „Projektmanager Web 2.0“ bei der achtung! kommunikation GmbH (GPRA) Hamburg und München.

Wollte ich nur mal gesagt haben.

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blog action day – Interview mit Michael Hopf – Pressesprecher Greenpeace Deutschland

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In der sidebar hatte ich es schon vor einer Weile angekündigt: Auch ich will meinen Beitrag zum heutigen blog action day leisten. Dieses Jahr lautet das Thema: Umwelt. Das Thema dieses Blogs sind die PR. Beides verbunden ergibt das folgende E-Mail-Interview mit dem Pressesprecher Greenpeace Deutschland Michael Hopf. Da das Ganze zeitlich ein wenig knapp geworden ist, konnte ich nicht mehr rechtzeitig nachhaken – damit ist das „Gespräch“ natürlich ein bisschen statisch. Viel Interessantes erfährt man trotzdem. Viel Spaß beim Lesen!

Bastian: Wie bist Du zu Greenpeace Deutschland gekommen? Dein beruflicher Hintergrund lag ja ursprünglich im filmischen/journalistischen Bereich?

Michael: Ich habe Greenpeace schon seit den Anfängen in Deutschland für sehr wichtig gehalten und mich 1995 auf die Stelle eines Wald-Kampaigners beworben. Das hat nicht geklappt. Aber da Greenpeace für die Öffentlichkeitsarbeit immer Leute mit journalistischer Erfahrung sucht und ich schon bei Hörfunk, Film und Fernsehen gearbeitet hatte, wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, als Pressesprecher zu arbeiten. Natürlich konnte ich das, die Bewerbungsgespräche liefen auch gut und so bin ich nun seit 1996 in Hamburg und habe bei allen Greenpeace-Kampagnen mitgemacht.

Bastian: Was unterscheidet Deiner Meinung/Erfahrung nach, die PR für eine Umweltschutzorganisation von der PR für ein kommerziell orientiertes Unternehmen?

Michael: Ich kann nur über den Unterschied zu unserer Arbeit sprechen. Wir machen keine PR in dem Sinne, das wir etwas verkaufen oder eine Firma gut darstellen müssen. Wir machen politische Öffentlichkeitsarbeit. Unsere Aufgabe ist es, Probleme auf die Tagesordnung zu setzen, Klimawandel, Gentechnik, Überfischung, Urwaldzerstörung. Wir nennen Verantwortliche, tragen Konflikte aus und zeigen Lösungen. Wir versuchen, immer neue Aspekte dieser Probleme in Worten und Bildern bekannt zu machen und haben damit einen sehr journalistischen Fokus. Das ist ziemlich weit weg von dem, was man üblicherweise unter PR versteht.

Bastian:  Wie „funktioniert“ PR bei Greenpeace Deutschland? Wer macht was? 

Michael: Das kann ich bei fast 30 Kolleginnen und Kollegen nur grob schildern. Wir arbeiten neuerdings in zwei Abteilungen: Presse/New Media/PR und Imagekommunikation. Die Pressestelle und weitere Kollegen beraten die Kampagnen, wie sie ihr Anliegen am besten öffentlich darstellen. Für die Umsetzung müssen sich dann Foto- und Videoproduktion, Internet-Redaktion und die weitere Medienproduktion gut abstimmen. Da die Planung auch immer durch aktuelle Ereignisse durcheinander gebracht wird, auf die wir reagieren müssen, arbeiten wir also nie in Ruhe einen Plan ab, sondern müssen uns ständig neu sortieren und uns auf neue Bedingungen einstellen. Langweilig wird es nie.

Bastian:  Arbeitet Greenpeace Deutschland mit externen Agenturen zusammen?

Michael: Wir arbeiten in Deutschland und wohl in fast allen Ländern auch mit externen Agenturen zusammen. Da unsere Kernaufgabe ist, das inhaltliche Fundament für Kampagnen zu legen, ziehen wir für Fragen zur Umsetzung und Visualisierung oft Agenturen heran.

Bastian:  Inwieweit ist Greenpeace Deutschland in der PR abhängig von Greenpeace International?

Michael: Unsere Öffentlichkeitsarbeit ist nicht abhängig von Greenpeace international. Wir sind aber auf die Zentrale in Amsterdam insofern angewiesen, dass sie uns darüber informiert, was die Amsterdamer oder die Greenpeace-Büros in aller Welt machen oder vorhaben dann kommt zuvor die Mail mit dem Betreff  Heads up  – , wir informieren umgekehrt über unsere Pläne. Die Zusammenarbeit wird immer enger. Derzeit arbeiten wir an einem gemeinsamen CD. Außerdem müssen wir Lösungen finden für gemeinsam genutzte digitale Datenbanken für Fotos und Videos.

Bastian: Greenpeace fällt in Deutschland wie auch international immer wieder durch spektakuläre und medienwirksame Aktionen auf. Liegt der Schwerpunkt solcher Aktionen auf einem danach  hoffentlich erhöhten Spendenaufkommen? Oder geht es um Bewußtseinschaffung?

Michael: Es geht darum, sich dort direkt einzusetzen, mit dem eigenen Körper, wo etwas Falsches passiert. Das ist der Ursprung der Greenpeace-Aktion, das Prinzip des  bearing witness , das in etwa bedeutet  Zeugnis ablegen: beim japanischen Walfang im Südpolarmeer, bei den Waldbränden auf Sumatra, auf den Baustellen von Kohlekraftwerken in Deutschland. Natürlich soll die Aktion wesentlich dabei helfen, einen Konflikt sichtbar zu machen, den Gegner unter Druck zu setzen, ihn ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren, einen Missstand zu beseitigen. Und Bewusstsein soll die Aktion auch schaffen.
Spenden sind für uns sehr wichtig, wir nehmen ja kein Geld von der Wirtschaft oder der Politik. Aber Aktionen spielen dabei wohl nicht die Rolle, die manche Kritiker gerne unterstellen. Nach Aktionen gibt es kein erhöhtes Spendenaufkommen.

Bastian: Wie ist die Langzeitwirkung solcher Aktionen?

Michael: Einzelne Aktionen können in der Regel gar nicht so viel bewegen. Aktionen sind Teil von Kampagnen, die mehrere Monate dauern und idealerweise dafür sorgen, dass sich ein Thema in der Öffentlichkeit durchsetzt. Zurzeit ist es nicht nötig, mit dem Thema  Klimawandel  durchzudringen. Aber wir wollen das Problem bekannt machen, dass in Deutschland Kohlekraftwerke geplant und gebaut werden, die so viel Kohlendioxid ausstoßen werden, dass die deutschen Ziele zum Klimaschutz gar nicht erreicht werden können. Diese Kampagne soll langfristig wirken und dafür sorgen, dass diese Pläne auf Eis gelegt werden.
Die Kampagne gegen die Versenkung der Brent Spar war eigentlich eine sehr lange Aktion und hatte Langzeitwirkung. Erst einige Jahre, nachdem wir die Versenkung der Ölplattform im Nordostatlantik verhindert hatten, kam das endgültige Aus für Versenkungspläne für etwa 400 weitere Öl- und Gasinstallationen aus der Nordsee.
Abgesehen davon gibt es zweifellos Bilder und Filme von Greenpeace-Aktionen, die lange im Gedächtnis bleiben. Dazu zählen wohl immer noch die Bilder von der Auseinandersetzung um die Brent Spar, die Aufnahmen gegen den Walfang. Auch in der Gentechnik-Kampagne ist es uns gelungen, Bilder zu schaffen, die immer wieder gedruckt werden.

Bastian: Wie sieht die Basispressearbeit für Greenpeace Deutschland aus?

Michael: Wir beraten, wie gesagt, die Kampagnen und mischen uns inhaltlich ein. Wir versuchen zu erkennen, wo die   wie wir es nennen –  strategische Information  liegt, die wir bekannt machen können und die die Kampagne voran treibt. Zu strategischer Information zählen z.B. Untersuchungen zur Belastung von Obst und Gemüse mit Pestiziden bei den Supermarktketten. Oder Recherchen darüber, dass mit Soja, die im Amazonas auf zerstörten Urwaldflächen angebaut wird, in Deutschland Rinder, Schweine und Hühner gefüttert werden, bevor sie als Fleischklops enden. Auf diese Recherche hat McDonalds ganz schnell reagiert. Bei der IAA konnten wir sehr schön vorführen, dass das PR-Gewitter der Autoindustrie über ihre neue grüne Wende eben nur PR war. Auch in der aktuellen Auseinandersetzung um die künftige Energiepolitik setze ich auf Fehltritte der Konzerne, die grün tun, aber eigentlich alles beim Alten lassen wollen, nämlich bei Kohle und Atom.
Für die Umsetzung nutzen wir die klassischen Mittel: Presserklärungen, sofern es etwas Neues und Interessantes zu sagen gibt, Kommentare, Pressekonferenzen und -gespräche, exklusive Geschichten, Kooperationen. Wir bieten fast imer aktuelle Fotos oder Hintergrundbilder zu unseren Themen, für die TV-Sender meist auch entsprechendes Fernsehmaterial. Wir erhalten sehr viele Anrufe von Redaktionen, die wissen, dass es bei uns viele Sachinformationen, aber auch gute Geschichten zu holen gibt. Vor den Kameras und Mikrofonen sind meist unsere Kampaignerinnen und Kampaigner zu sehen und zu hören. Sie sind nicht nur Experten auf ihren Gebieten, sondern ganz wesentlich auch Kommunikatoren.

Bastian: Wie geht Greenpeace mit dem Wandel der bisherigen Kommunikationsstrukturen um? Plant Greenpeace Deutschland in Zukunft eine verstärkte Nutzung der Web 2.0 Strukturen um in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für seine Ziele zu schärfen?

Michael: Ja, wir wollen web 2.0 verstärkt nutzen. Zur Zeit klären wir, was für uns am sinnvollsten ist. Es hilft uns schon sehr, dass viele unserer 560.000 Förderer und unserer ehrenamtlichen Unterstützer bereits aktiv sind. Bei aller Begeisterung für die neuen Möglichkeiten ist uns aber klar, dass wir keine zusätzlichen Leute für diese Aufgaben haben werden. Wir müssen also entscheiden, was wir mit welchem Einsatz fahren wollen und was wir bleiben lassen.

Bastian: Wer kümmert sich um die Entwicklung der kreativen Nutzung der Web 2.0 Angebote für Greenpeace Deutschland?

Michael: Kümmern werden sich darum sehr viele von uns, denn wir werden unsere Art zu kommunizieren erheblich ändern müssen. Wer sich um welche Form der web 2.0-Nutzung kümmern wird, ist noch nicht klar. Jedenfalls stehen wir auch in engem Kontakt mit den hochaktiven Bloggern in Deutschland. Newthinking communications arbeitet an einem Social network für unsere Ehrenamtlichen, für uns der erste große Schritt ins web 2.0.

Bastian: Ein englischsprachiges Greenpeace-Blog gibt es ja bereits, ein deutsches scheint es bisher nicht zu geben. Ist ein solches bereits in Planung? Wie sieht es aus mit der Nutzung von Social Networks wie Facebook, MySpace, StudiVZ und Co? (Auf Facebook gibt es jede Menge Greenpeace Gruppen, aber keine aus Deutschland?) Von Microblogging Devices wie twitter.com ?

Michael: Wie gesagt, ob und wann wird gerade geklärt.

Vielen Dank für das Interview!

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Free Burma!

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European Communication Monitor 2007

Spannend! Frisch erschienen ist der European Communication Monitor 2007. Untertitelt „Trends in Communication Management and Public Relations“ liefert die Untersuchung einen umfassenden Einblick in die Eigenwahrnehmung der europäischen PR. Reinlesen und so manche Vermutung bestätigt bekommen!

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